Customizing zur Nutzung der aATP - Verfügbarkeitsprüfung
Um die erweiterte Verfügbarkeitsprüfung nutzen zu können, unabhängig von Rückstandsbearbeitung oder anderen Teilaspekten, muss zuvor die Prüfgruppe aktiviert werden. Die Prüfgruppe ist einem Material auf der Ebene der Werksdaten zugeordnet. Daher kann die erweiterte Verfügbarkeitsprüfung auch auf Materialebene aktiviert werden. Soll die erweiterte Verfügbarkeitsprüfung nur für bestimmte Materialien genutzt werden, kann für diese Materialien eine spezifische Prüfgruppe mit aktivierter erweiterter Verfügbarkeitsprüfung definiert werden.
Die Einstellung zur Prüfgruppe finden Sie im Customizing über den Pfad "Vertrieb -> Grundfunktionen -> Verfügbarkeitsprüfung und Bedarfsübergabe -> Verfügbarkeitsprüfung -> Verfügbarkeitsprüfung nach ATP-Logik und Vorplanung -> Verfügbarkeitsprüfgruppe definieren"
Um die aATP-Funktionen nutzen zu können, muss die Option "erweitertes ATP" in den Prüfgruppen auf "A – Aktiv" gesetzt werden. Das System verwendet dann die erweiterte Produktverfügbarkeitsprüfung statt der Standard-Produktverfügbarkeitsprüfung:

Die erweiterten ATP-Funktionen sind in der Standardlizenz von SAP S/4HANA Cloud enthalten, aber nicht in der Standardlizenz von SAP S/4HANA Enterprise. Um die erweiterten ATP-Funktionen in SAP S/4HANA Enterprise nutzen zu können, ist eine zusätzliche Lizenz erforderlich. Grundsätzlich ist dies jedoch vorab individuell zu prüfen.
Merkmalskataloge
Merkmalskataloge spielen eine entscheidende Rolle bei der Konfiguration von Anwendungen im Bereich der erweiterten Verfügbarkeitsprüfung. Um von Funktionen wie Kontingentierung, Rückstandsbearbeitung, alternativer Bestätigung oder Verfügbarkeitsschutz Gebrauch zu machen, ist es erforderlich, entsprechende Einstellungen auf der Ebene der Merkmale vorzunehmen. Diese Merkmale können sich auf Informationen aus den Belegen beziehen, wie beispielsweise Verkaufsorganisation, Vertriebsweg, Sparte oder Warenempfänger. Sie können aber auch materialspezifische Daten wie Materialnummer oder Warengruppe umfassen. Auf diese Weise legen Sie beispielsweise Kontingente pro Warenempfänger fest oder verwalten Verfügbarkeitsschutzgruppen pro Vertriebsweg. Im Kontext der erweiterten Verfügbarkeitsprüfung stellt SAP bereits umfangreiche Merkmalskataloge für verschiedene Funktionen bereit, die in Bezug zu Kundenaufträgen und Umlagerungsbestellungen stehen:

Diese Kataloge enthalten ein vordefiniertes Set von Merkmalen, die viele Einsatzmöglichkeiten abdecken. Dennoch kann es notwendig sein, dass Sie weitere Merkmale hinzufügen wollen bzw. müssen. Für jedes Merkmal in einem Katalog können Sie einen Alias hinterlegen, wodurch Sie in Ihrem Unternehmen geläufige Bezeichnungen für die Merkmale pflegen, damit sich die Nutzer besser wiederfinden. Dadurch können Sie beispielsweise beeinflussen, dass anstatt "Materialnummer" in der Merkmalsausprägung "Artikelnummer" angezeigt wird:

Wurde der Alias hinterlegt, erscheint die Bezeichnung auch in der Auswahlbedingung. Wichtig hierbei ist natürlich, dass Sie auch die zuvor konfigurierte Katalogart (gemischt) auswählen:

Rückstandsbearbeitung (BOP)
Die Rückstandsbearbeitung in SAP ermöglicht Ihnen, die Bestätigung von Aufträgen nachträglich an eine veränderte Bedarfs- und Bestandssituation anzupassen. Dies kann beispielsweise erforderlich sein, wenn es zu einer unerwarteten Engpasssituation kommt. In diesem Fall können bestätigte Mengen von weniger wichtigen Kunden auf Kunden mit hoher Priorität umverteilt werden. Die Rückstandsbearbeitung kann auch für eine initiale, massenhafte Bestätigung von Kundenaufträgen gemäß vordefinierter Kriterien genutzt werden.
Darüber hinaus bietet sie Unternehmen verschiedene weitere Möglichkeiten, wie z. B.:
die Definition von Prioritätsgruppen, denen Kundenaufträge und Umlagerungsbestellungen automatisch zugeordnet werden,
die automatische Umverteilung von bestätigten Mengen von weniger wichtigen Aufträgen zu Aufträgen mit hoher Priorität,
die Nachbearbeitung der Bestätigungssituation mithilfe individuell definierter Kriterien.
Die Rückstandsbearbeitung bietet Unternehmen zahlreiche Vorteile, darunter:
die Berücksichtigung von Prioritäten anstelle des einfachen Prinzips "first come, first served",
den Schutz der Interessen wichtiger Kunden,
eine einfache Bedienung im Vergleich zur klassischen ERP-Rückstandsbearbeitung.
Der Informations- bzw. Konfigurationsablauf des BOP (Backorder Processing) startet mit der Berücksichtigung der Merkmale, die im Merkmalskatalog festgelegt wurden. Anschließend wird das Segment berücksichtigt, das notwendig ist, um erforderliche Selektionsparameter vorzugeben. Diese Selektionsparameter werden dann mithilfe einer BOP-Variante als Bedarfsstrategie angelegt bzw. zugeordnet. Die Einstellungen, die jeder Variante zugeordnet sind, werden dann während eines BOP-Laufs berücksichtigt. Um die Rückstandsbearbeitung zu starten, wird ein BOP-Lauf über einen Batch-Job geplant. Bei der Einplanung dieses Jobs stehen verschiedene Einstellungen zur Verfügung, wie beispielsweise ein Wiederholungsmuster, um die Rückstandsbearbeitung regelmäßig auszuführen. Nach Abschluss des Jobs stehen die Ergebnisse unter der App "BOP-Lauf-Überwachen" zur Verfügung, wo die detaillierten Ergebnisse des Laufs abschließend analysiert werden können. Dieser Konfigurationsablauf kann nachfolgend nochmal skizziert werden:
Nachfolgende Tabelle zeigt eine Übersicht mit allen Apps, die für die Konfiguration und Ausführung der Rückstandsbearbeitung (BOP) benötigt werden:

Um Ihnen die Arbeit mit der erweiterten Rückstandsbearbeitung näher zu bringen, konstruieren wir ein fiktives und stark vereinfachtes Beispiel. Das Ziel dieses fiktiven Szenarios ist, das eine Rückstandsbearbeitung auf Basis eines A-Kunden bzw. Top-Kunden und eines einzelnen Materials durchgeführt wird. Das Ergebnis soll dabei sein, dass der A-Kunde die avisierte Wareneingangsmenge eines bestimmten Artikels priorisiert zugeteilt bekommt und alternative Kundenaufträge nachrangig bestätigt werden.
BOP-Segment
In der Rückstandsbearbeitung bilden BOP-Segmente die Grundlage für alle Einstellungen. Sie können als Filter verstanden werden, mit dem Belege zusammengefasst werden. Durch das Regelwerk der erweiterten Verfügbarkeitsprüfung werden Bedarfe aus Verkaufsbelegen und Umlagerungsbestellungen selektiert und anschließend den verschiedenen Strategien oder globalen Filtern zugeordnet.
Die Definition von BOP-Segmenten basiert auf den definierten Merkmalskatalogen und Merkmalskombinationen. In der folgenden Abbildung sehen Sie ein ganz einfaches Beispiel für ein Segment, mit dem alle Bedarfe für ein bestimmtes Material (1) selektiert werden sollen. Neben der eigentlichen Selektion können Bedarfe auch anhand individueller Kriterien sortiert werden, um Prioritäten innerhalb einer Gruppe zu setzen (2):

Da wir, wie bereits beschrieben, dass Ziel verfolgen, dass neben einer bestimmten Artikelnummer, auch eine Selektion auf einen A-Kunden erfolgen soll, definieren wir ein weiteres BOP-Segment und selektieren hierbei auf "Auftraggeber":

Nachdem die beiden BOP-Segmente als Filterszenarien angelegt und nun genutzt werden können, erfolgt die Folgekonfiguration, nämlich die Anlage einer BOP-Variante.
BOP-Variante
Nach der Erstellung eines BOP-Segments muss eine BOP-Variante angelegt werden. Dadurch können die einzelnen BOP-Segmente den verschiedenen Bedarfsstrategien zugeordnet werden. Die Ausführungsoptionen im Kopf der BOP-Variante steuern, welche Belegarten (1) während der Rückstandsbearbeitung berücksichtigt werden sollen. Es kann festgelegt werden, ob nur Verkaufsbelege, nur Umlagerungsbestellungen oder beide Belegarten berücksichtigt werden sollen. Der Abschnitt "Prüfen als" (2) legt fest, welche Prüfregeln während der Rückstandsbearbeitung angewendet werden sollen. Es stehen die Prüfregeln "Kundenauftrag" und "Lieferung" zur Auswahl. Darüber hinaus können innerhalb der Rückstandsbearbeitung Ausnahmeverhalten definiert werden, die steuern, wie sich das System bei einem Ausnahmeverhalten (3) verhalten soll. Es stehen die Optionen "Fehlgeschlagene Material-Werk-Kombinationen beenden" und "Vollständig beenden" zur Verfügung. Beide Ausnahmeverhalten können genutzt werden, um auf eine Fallback-Variante (4) umzuleiten. Die Fallback-Variante ermöglicht es, bei einem Ausnahmeverhalten auf eine alternative Variante zurückzugreifen. Zusätzlich kann ein "globales Segment" (5) hinterlegt werden.

Nachdem Sie die allgemeinen Einstellungen für eine BOP-Variante vorgenommen haben, können Sie die angelegten BOP-Segmente den verschiedenen Strategien zuordnen. Zu jeder Strategie, also "Gewinnen", "Verbessern", "Neu verteilen", "Aufstocken" oder "Verlieren", können Sie ein, mehrere oder gar keine Segmente hinterlegen. Es ist also nicht zwingend erforderlich, jede Strategie zu nutzen. Für unser Bespiel hinterlegen wir für das BOP-Segment der A-Kunden die Strategie "Gewinnen", da dieses Segment im BOP-Lauf vorrangig behandelt werden soll (1). Weiter hinterlegen Sie Strategie "Verbessern" auf Ebene der Materialnummer (2). Das bedeutet, dass die Rückstandsbearbeitung die Termine und Mengen der Bedarfe dieses Materials neu terminiert und neu verteilt, nachdem Bedarfe der A-Kunden gedeckt wurden:Nachdem Sie die allgemeinen Einstellungen für eine BOP-Variante vorgenommen haben, können Sie die angelegten BOP-Segmente den verschiedenen Strategien zuordnen. Zu jeder Strategie, also "Gewinnen", "Verbessern", "Neu verteilen", "Aufstocken" oder "Verlieren", können Sie ein, mehrere oder gar keine Segmente hinterlegen. Es ist also nicht zwingend erforderlich, jede Strategie zu nutzen. Für unser Bespiel hinterlegen wir für das BOP-Segment der A-Kunden die Strategie "Gewinnen", da dieses Segment im BOP-Lauf vorrangig behandelt werden soll (1). Weiter hinterlegen Sie Strategie "Verbessern" auf Ebene der Materialnummer (2). Das bedeutet, dass die Rückstandsbearbeitung die Termine und Mengen der Bedarfe dieses Materials neu terminiert und neu verteilt, nachdem Bedarfe der A-Kunden gedeckt wurden:

BOP-Lauf
Die Rückstandsbearbeitung wird durch einen BOP-Lauf durchgeführt. Dieser BOP-Lauf wird zuvor in der Fiori-App "BOP-Lauf einplanen" definiert. Nachdem der BOP-Lauf eingeplant und erfolgreich durchgelaufen ist (Job), erfolgt die Analyse des Ergebnisses in der Fiori-App "BOP-Lauf überwachen. Dazu gehören unter anderem die Änderungen, die an den Bedarfen vorgenommen wurden, die Auswirkungen auf die Gesamtbestätigungssituation und die Nutzung von Fallback-Varianten. Außerdem können Sie feststellen, ob noch unbestätigte Aufträge vorhanden sind oder ob der BOP-Lauf abgebrochen wurde, weil Ausnahmemeldungen auftraten.
Um das Ergebnis jedoch vollständig zu verstehen, müssen Sie wissen, das beide Aufträge auf "vollständig beliefern" erfasst wurden und für jeweils beide Aufträge nicht ausreichend Warenbestand vorlag. Ebenfalls ist die Information notwendig, dass eine Avisierung der Lieferantenbestellung mit 40 Stück des Materials vorlag.
In der ersten Spalte des BOP-Laufs sehen Sie, dass der Kundenauftrag mit dem "Gewinnen-Segment" nun vollständig bestätigt wurde (1), da ausreichend bestätigter Warenbestand zur Verfügung stand. Somit zeigt uns der BOP-Lauf auch an, dass Belegaktualisierung und Bestätigungsstatus erfolgreich aktualisiert wurden (2).
In der zweiten Spalte des BOP-Segmentes "Verbessern" sehen sie keine Veränderung der Bestätigungen, da nicht ausreichend Warenbestand zur Verfügung stand, um die vollständige Bestätigung zu gewährleisten (3). Diese Information erhält der BOP-Lauf aus dem Materialstamm und der dort hinterlegten Plan- bzw. Wareneingangsbearbeitungszeit. Somit bleibt der Status dieses Kundenauftrages auf einer unvollständigen Bestätigung und wird im Lauf mit "Später vollständig bestätigt" angezeigt (4):

Nach dem erfolgreichen BOP-Lauf kann nun mit der Freigabe zur Lieferung fortgefahren werden, was wir hier jedoch nicht mehr durchführen werden.
Insgesamt kann festgehalten werden, dass die erweiterte Rückstandsbearbeitung mit der Möglichkeit von Segmenten und Varianten deutlich an Variabilität gewinnt und noch stärker auf Ihren individuellen Bedürfnisse konfiguriert werden kann. Im Kontext der erweiterten Rückstandsbearbeitung sollen die Zusatzfunktionen, wie "Kontingentierung", "Verfügbarkeitsschutz" und "alternativenbasierte Bestätigung" nicht unerwähnt bleiben.
Gerne unterstütze ich Sie jedoch in allen Teilbereichen der erweiterten Verfügbarkeitsprüfung!